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Die Statue der oranischen Prinzessin Luise Henriette

Vor dem Schloss begrüßt uns als Statue die oranische Prinzessin Luise Henriette, Kurfürstin von Brandenburg, Prinzessin von Oranien-Nassau, älteste Tochter von Friedrich Heinrich von Oranien-Nassau, des oranischen Statthalters der niederländischen Generalstaaten - heute würde man sagen: Sie war die Tochter des Herrschers der Niederlande und letzte oranische Erbin der Grafenstadt Moers und der Grafschaft sowie die „Stammmutter der preußischen Könige“. Sie wurde am 07. Dezember 1627 in Den Haag geboren und starb am 18. Juni 1667 erst neununddreißigjährig in Berlin. Vor allem ihr soziales und politisches Wirken hat sie von den adeligen Damen ihres Zeitalters unterschieden und sie zu einer der bedeutendsten Frauen der Geschichte gemacht.

Ihre Romanze mit einem französischen Edelmann musste sie den Staatsinteressen opfern, als der Große Kurfürst von Brandenburg um die Hand der jungen Oranierin anhielt. Ihre Liebe zu Henri Charles de la Trémouille, Prinz von Talmant, musste Luise Henriette aufgeben. Heimlich schrieb sich das Paar jedoch Briefe. Ein Zitat aus einem ihrer Briefe beschreibt ihre Gemütslage: „Es ist zu beklagen, dass ich um seines Geldes Willen und um ein wenig Land so unglücklich sein muss und verkauft werde. Oh, wäre ich doch tot oder wäre ich nur eine Bäuerin, so würde ich doch jemanden nehmen, den ich kenne, jemanden nach meinem Geschmack und den ich lieb hätte.“ Luise Henriette wurde an ihrem 19. Geburtstag, dem 07. Dezember 1646, Ehefrau des Brandenburg-Preußischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm (16. 02. 1620 - 29. 04. 1688). Friedrich Wilhelm wurde später „der Große Kurfürst“ genannt.

Das Bronzedenkmal der Kurfürstin steht in Überlebensgröße auf einem 3,10 m hohen barocken Postament, vor welchem die Wappen Oraniens und Preußens übereinander liegend und durch den Pfeil des Liebesgottes Amor zusammen gehalten werden. Der Grund ist: aus der Zwangsehe wurde eine Liebesehe. In den Sockel der Statue eingelassen wurden die Worte: „Geschenk Kaiser Wilhelms II. an die getreue Grafschaft Meurs.“ Am 20. Juni 1904 wurde das Denkmal eingeweiht.

Wahrscheinlich hat Luise Henriette Moers nie gesehen, denn es gibt keinen Beweis dafür, dass sie jemals in der Stadt war. Ihr Leben spielte sich zwischen Den Haag und den kurfürstlichen Residenzen Kleve, Berlin, später auch Oranienburg und Königsberg ab.

Die Grafschaft Moers gehörte zur Aussteuer von Luise Henriette, denn sie war eine der Besitzungen ihres Vaters Friedrich Heinrich von Oranien-Nassau. Der Übergang der Grafschaft an Brandenburg erfolgte aufgrund ihres Ehevertrages mit dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm. Auch alte Lehensbeziehungen spielten eine Rolle. Ihr Sohn, König Friedrich I. in Preußen, machte später seine Erbansprüche geltend. So kam 1702 Moers zu Preußen.

Das Moerser Schloss mit dem Grafschafter Museum

Hinter der Statue Luise Henriette befindet sich das Moerser Schloss, eine der ältesten im Rheinland erhaltenen hochmittelalterlichen Ringburganlagen und damit ein Baudenkmal von überregionaler Bedeutung. Nach vielfältigen Um-, An- und Ausbauten und Nutzungen als Grafensitz, Wohnstätte, Lazarett und Verwaltungsgebäude wurde das Schloss zuerst von einem Industriellen und dann von der Stadt Moers gekauft. Am 29. Juni 1908 eröffnete das Grafschafter Museum im Moerser Schloss. Bereits vier Jahre zuvor hatte der Amtsgerichtsrat Dr. Hermann Boschheidgen einen Verein für Heimatkunde ins Leben gerufen, den heutigen Grafschafter Museums- und Geschichtsverein (GMGV).

In einem Leihgabevertrag hat der GMGV seine Sammlung von Zeugnissen der Geschichte und der Kultur aus dem Alltag und dem Leben der Bevölkerung aus der Grafschaft Moers und des Niederrheins dem Museum übergeben. Gemeinsam mit der Stadt Moers will der GMGV durch die im Schloss ausgestellte Sammlung interessierten Bürgern die Geschichte der Grafschaft und des Altkreises Moers näher bringen.

Einer der spektakulärsten Funde der jüngsten Ausgrabungen befindet sich noch heute im Schloss: 2005 wurde ein hochmittelalterlicher Lehmkuppelofen bei Grabungen unterhalb der Ringmauer freigelegt. Der Lehmkuppelofen dürfte als Backofen gedient haben. Die nur geringe Anzahl der am Ofengrund und im Umfeld des Ofens gefundenen Scherben deutet darauf hin. Der Sockel ist aus Tuffstein, vermutlich wieder verwendetes Material aus dem römischen Kastell Asciburgium im heutigen Moers - Asberg. Die kuppelförmige Konstruktion ist aus Lehm. Der Ofen ist älter als die gotische Ringmauer und gehört damit in Moers zu den ältesten Funden im Bereich des Moerser Schlosses. Der Lehmkuppelofen kann vermutlich in die früheste Phase der ersten Burganlage datiert werden und ist in einem Lackprofil erhalten. Heute ist er im Grafschafter Museum an seinem Fundort zu besichtigen. 

Das Pulverhäuschen

Wir gehen am Schloss vorbei. Das weiße Pulverhäuschen rechts vom Schloss fällt jedem Parkbesucher sofort ins Auge. Wann dieses kleine und damals hochbrisante Gebäude errichtet wurde, darüber geben die Akten und Chroniken keine Auskunft, zumal schon 1599 in den Meerturm (Lagerstätte des Archivs der Stadt Moers) der Blitz eingeschlagen hatte und beim Moerser Stadtbrand im Jahre 1605 alle Schriften, Rechnungen und Urkunden vernichtet wurden. Die frühere Museumsleiterin Frau Knupp-Uhlenhaut ist der Meinung, dass dieses Gebäude keinesfalls erst während des französischen Truppeneinfalls in die Grafschaft Moers im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) erbaut wurde. Denn schon in einem alten Plan, den der Kartograph Cornelis Eland im Jahre 1663 von der Festung Moers für den niederländischen Statthalter Wilhelm III. von Oranien anfertigte, ist das Pulverhäuschen aufgeführt. Heute wird das Pulverhäuschen vom Schlosstheater Moers für Veranstaltungen verschiedenster Art und als Lagerraum genutzt.

Das Schlosstheater

Dem Pulverhäuschen gegenüber befindet sich der Eingang zum Moerser Schlosstheater. Das Theater Moers ist das kleinste städtische Theater Deutschlands und bietet maximal 150 Plätze. Der Gründungsbeschluss eines Theaters wurde 1969 vom Rat gefasst, das Kellertheater konnte aber aus denkmalpflegerischen Gründen erst 1975 eingeweiht werden. Rechts steht eine von drei gleichen Tafeln zur Geschichte des Parkes.

Das Parkcafé

Im Jahre 1929 wurde bei der Umgestaltung des Weingartens der Familie Wintgens ein Torbogen in die alte Schlossmauer gebrochen. Durch diesen Torbogen links erreichen wir den Biergarten des Parkcafes. Hier ist in den letzten Jahren ein An- und Erweiterungsbau entstanden. Dieser ist im Inneren nach modernen Richtlinien für Büros und Ausstellungsräumen erstellt und hat links an der Mauer einen Aufzug für einen behindertengerechten Zugang zum Schloss und Theater. Treppenstufen führen zum tiefer gelegten Boden des Schlosseinganges, der mit Glas abgedeckt wurde. Man sieht durch das Glas einen Mauerdurchbruch als Fluchtweg aus dem Schloss in Richtung Parkcafé.

1930 entstand auf dem Standort der ehemaligen Remise (später als Verwaltung bezeichnet) südlich unterhalb des Schlosses ein Parkcafé. Das Gebäude wurde im letzten Krieg zerstört und 1954 wieder aufgebaut. Ende der 1980er Jahre begannen archäologische Grabungen hinter dem Schloss und dem Schlosshof - das alte Parkcafé wurde abgerissen und in der heutigen modernen Architektur 1993 wieder aufgebaut. Hier ist nun das „Casa Leonardo Restaurant“ zu Hause.

Das Rosarium

Wir kehren wieder durch den Torbogen zurück und gehen links um das Parkcafé herum und erreichen das Tor zum Rosengarten. Das „Rosarium“  am Grafschafter Musenhof ist mit einer besonderen Zaunanlage gegen Kaninchenverbiss geschützt. Es ist die Neugestaltung des alten privaten Rosengartens der Familie Friedrich Wintgens, die an der Schlossmauer ihre Villa und Fabrik hatte. Im Jahre 1810 kaufte der Duisburger Baumwollfabrikant das marode Schloss samt des umliegenden Geländes, angrenzender Wiesen und Gartenanlagen.

Das „Rosarium“ steht gartenkunsthistorisch als Sinnbild für das himmlische Paradies auf Erden. Vor allem ist es aber eins: Ein schöner Ort zum Entspannen, wenn das Wasser des Brunnens plätschert, die Rosen ihren Duft verbreiten und die Farbenpracht von 35 Rosensorten und vielen Stauden leuchtet. 16 Bänke laden die Besucher zur einer Erholungspause ein.

Wir durchqueren den Rosengarten und halten uns links in Richtung Schloß. Dort befindet sich eine Treppe, die auf den Schlosshof führt. Die ungeklärte Finanzierung des Hofes lässt offen, wann er sich und in welcher Form er sich seinen Besuchern präsentieren wird. Auf jeden Fall wird der Schlosshof bis mindestens zum Jahre 2014 nicht seine endgültige Ausgestaltung haben.

Der Schlosshof

Ein Turm ist die Urform aller Burgen; als Bergfried blieb er noch in vielen späteren Anlagen erhalten. Er bot Unterbringung und Schutz auf engstem Raum. Etwa um das Jahr 1200 dürfte der älteste nachweisbare Teil der Moerser Burg aus Stein entstanden sein: ein mächtiger quadratischer Wohnturm mit dicken Mauern und wahrscheinlich zwei Geschossen. Der quadratische Turm wurde aus Tuffstein gebaut, einem vulkanischen Gestein, welches vornehmlich in der Eifel gefunden wurde.

Im Schlosshof ist ein 7 x 7 m messender Turmstumpf als Rest erhalten. Von den ca. 1,50 m dicken Mauern ragen heute 1,10 m aus dem Boden, knapp 5 m verbergen sich noch unter der Oberfläche. Die Ausgräber des Wohnturms waren nicht überrascht, als sie zwischen Tuffsteinen auch römische Ziegel entdeckten. Ihnen wurde in Moers wieder bestätigt, was sie von anderen Burgen- und Kirchengrabungen wussten, dass hier am Rhein wie bei vielen wichtigen Bauten im 12. und 13. Jahrhundert römisches Baumaterial verwendet wurde. Es stand in reichlicher Menge in Form verlassener römischer Kastelle und Siedlungen zur Verfügung und stammt vermutlich aus dem ehemaligen römischen Lager Asciburgium.

Bei den archäologischen Grabungen kam unter dem abgetragenen Erdhügel die Kuppel eines Tonnengewölbes zum Vorschein. In dem Gewölbe befindet sich ein Zugang zu einem unterirdischen Wehrgang in Richtung Kastellplatz. Der schon früher freigelegte unterirdische Wehrgang, der seit 2009 u. a. wegen des Fehlens sicherer Fluchtwege für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich ist, ließe sich vielleicht über den Schlosshof erschließen. Gelänge es, wäre dies eine Attraktion, die nicht nur die Besucher erfreuen würde, sondern zudem die Baugeschichte des Schlosses noch offenkundiger verdeutlichen würde. Entsprechende Planungen sind angelaufen.

Wir steigen die Schlosstreppe wieder herunter und gehen links am Kindergarten entlang. Am linken Wegesrand wird auf Schautafeln in kindgerechter Form die Geschichte der Burg erzählt.

Der Musenhof

Wir bewegen uns direkt auf den Musenhof zu. Im Jahre 2010 wurde der Grafschafter Musenhof als mittelalterliche Lernstadt für Kinder mit Stall, Töpferei, Pranger, Ziehbrunnen, Kuhstall und Schmiede erbaut. In kindgerechter Form wird die Geschichte von Burg und Stadt erzählt.

Kinder können in die Rollen der einzelnen Berufsbilder der damaligen Zeit schlüpfen und vom alltäglichen Leben im mittelalterlichen Moers erfahren.  Diese Erfahrungen sollten durch einen Besuch im Grafschafter Museum vertieft werden.

Während die Kinder durch pädagogisches Fachpersonal betreut werden, können die Eltern in der Innenstadt entspannt einkaufen. Der Musenhof als mittelalterliche Lernstadt wurde vom Grafschafter Museum konzipiert und wird vom Museumsteam inhaltlich und pädagogisch betreut. Wir halten uns links und laufen am Musenhof vorbei in Richtung katholische Kirche bis zur Straße. Rechts steht dort eine Informationstafel zum Musenhof.

Ravelins „Nepix-Kull“ und Kulturinsel

Die Straße führt uns nach rechts am neu gestalteten Abenteuerspielplatz vorbei zum Kreisverkehr. Rechts steht eine von drei gleichen Tafeln zur Parkgeschichte. Der Weg führt über die Brücke in die „Nepix Kull.“ Am Pfadende steht zur Herkunft des Namens ein Informationsstein. Wir gehen einige Meter zurück und wenden uns dann nach rechts, um auf den vor uns liegenden Carl-Schultze-Damm zu gelangen. Auf diesem gehen wir rechts herum weiter. Der Damm oder Wall umringt noch heute die Altstadt von Moers. Er ist etwa 2600 m lang (ohne die Unterbrechungen an der Hülsdonkerstraße, der Rheinbergerstraße und am Königlichen Hof). Als weiterer Erkundungsgang zur Moerser Geschichte ist er zu empfehlen. Nord-, Ost- und Südring und im Westen die Krefelder Straße weisen dem Ortsunkundigen den Rundweg.

Bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts hatte die Stadt Moers eine Stadtmauer mit vorliegendem Wassergraben und einem kleinen Erdwall. Um die Burg befand sich ein festes viereckiges Bollwerk/Bastion aus Stein.

Prinz Moritz von Oranien ließ ab 1601 in einem längeren Bauprozess die viereckige Bastion um die Burg zu einem Fünfeck, zu einem Stern, umbauen. Eine Bastion ist Teil einer Festung, die als Verteidigungsstellung diente. Sie bot den Verteidigern die Möglichkeit, Angreifer aus der Höhe über die eigenen Ravelins hinweg zu beschießen. Gleichzeitig wurde eine Wallanlage in Höhe von 10 bis 12 m angelegt. Davor befand sich ein ca. 40 m breiter Wassergraben, der die Burg noch weiträumiger von der Stadt trennte. So war die Burg durch Wall und Wassergraben von der Stadt getrennt und hatte ihre eigene sternförmige Verteidigungsanlage, in deren Mitte sie lag. Auch die Stadtmauer bekam nach dem Stadtbrand 1605 sternartige Ausstülpungen aus Stein mit davor gelegten Wassergräben und Erdwällen (Bastionen).

Wir laufen auf dem Damm weiter und sehen rechts von uns in der Nepix-Kull ein wiederhergestelltes „Ravelin“. In den Wassergräben rund um die Stadtmauer und den Festungsanlagen vor dem äußeren Erdwall wurden „Ravelins“ eingebaut, dabei handelt es sich um dreieckige Befestigungsinseln mit seitlichen Bastionen. Insgesamt wurden neun Ravelins um Moers angelegt. Die in Moers erhaltenen und wiederhergestellten fünf Ravelins sind für die Stadt ein Alleinstellungsmerkmal. Die historisch in ihrer Form einzigartig belegte Festungsanlage der Oranier prägt bis heute entscheidend das Erscheinungsbild der alten Grafenstadt Moers.

Wir spazieren auf dem Damm weiter und gelangen zum zweiten Ravelin, der so genannten „Kulturinsel“, in letzter Zeit Schauplatz mehrerer Kunstausstellungen. Ein eigener Bootssteg mit Fähre an der Gartenstraße lässt bei kulturellen Veranstaltungen jeden Ravelinbesucher die heutige „Kulturinsel“ trockenen Fußes betreten.

Der Damm

Wir bleiben auf dem Damm und laufen entlang der Gartenstraße bis zur Zahnstraße. In den Jahren 1763 bis 1764 vollzog Friedrich der Große die Schleifung der Festungswerke. Die Kastell-Bollwerke wurden abgetragen. Bis zu 300 Pioniere, die die Grafschaft selbst zu rekrutieren hatte, entfernten die inneren Wälle und kippten das anfallende Erdreich in die Festungsgräben.

Dadurch wurde die Trennung zwischen Stadt und Burg aufgehoben. Auch die Wasserflächen des Teilstückes der so genannten „Tränke“, der alte Lauf des Mörsbaches zwischen Alt- und Neustadt (heute Meerstraße), wurden zugeschüttet, so dass die Trennung zwischen Kastell, Altstadt und Neustadt entfiel und mit dem Neumarkt, dem Kastellplatz und dem Schlosspark wichtige öffentliche Freiräume entstehen konnten. Durch den Rückbau der Festungswerke wurde Moers zu einer völlig offenen Stadt und hatte nicht einmal mehr eine Stadtmauer.

Dank einer Intervention des Magistrats - vor allem aus Sorge um den Schutz der Stadt vor Rheinhochwasser - blieben jedoch die äußeren 3 km langen Wallanlagen erhalten und wurden landschaftlich umgestaltet. Sie sollten nun nicht mehr vor feindlichen Armeen schützen, sondern vor Hochwasser. Moers wurde bis ins 18. Jahrhundert wiederholt von starken Hochwassern des Rheins heimgesucht. Der alte Damm wurde deshalb nach der Hochwasserkatastrophe des Jahres 1784 gegen Ende des Jahrhunderts erheblich verbreitert und die Dammkrone erhöht. Es blieben also auf Wunsch der Bevölkerung und des Magistrats die Bastionen und Gräben als Wasserschutzdeiche erhalten. Bis heute überdauerte deshalb als einziges Requisit aus der oranischen Zeit der „alte gedeckte Damm“ - unser heutiger Carl-Schultze-Damm, der den Schlosspark eingrenzt.

Das Hornwerk

An der Ecke Zahn-/Gartenstraße knickt der Damm nach links ab, wir aber bewegen uns geradeaus, den Damm hinunter, in den von Massias angelegten Parkteil. Max Massias war in den 30er Jahren städtischer Garteninspektor und sein Gestaltungsentwurf wurde verwirklicht. Im Herbst 1932 wandelte er die ehemalige Spielwiese in eine Parkanlage um. Diese linker Hand liegende Wiese, ein dem Schloss vorgelagertes Befestigungsteil, wird „Hornwerk“ genannt. Wir flanieren weiter geradeaus am Wasser entlang, nehmen die zweite Brücke und biegen nach rechts wieder in den alten Park in Richtung Parkcafé ein. Links von der Brücke stehen Hinweistafeln für die Stifter (siehe Seite 57 Stiftergarten).

Der geradeaus zum Schloß führende Friedrich-Wintgens-Weg teilt den Park. Der rechte Teil der Parkanlage soll 1836 vom Gartenbaudirektor M. F. Weyhe aus Düsseldorf angelegt worden sein. Die größten Buchenbäume und andere alte Bäume stammen in diesem Parkteil aus der Anlagezeit um 1836. Den linken Teil schufen 1874 seine Schüler Peter Hermann Nickertz und später Fritz Rosorius.

Der Jahn-Gedenkstein

Wir halten uns wieder rechts und erreichen nach wenigen Schritten den Friedrich Ludwig Jahn-Gedenkstein. Der Moerser Turnverein weihte den Stein am 13. 08. 1928 aus Anlass des 150. Todestages von Turnvater Jahn. Am Gedenkstein wurde eine „Jahneiche“ gepflanzt. Diese Eiche ging jedoch nach kurzer Zeit ein und wurde durch eine Neupflanzung ersetzt.

Schaut man ihren Stamm an, so wundert man sich, dass sie nach fast 100 Jahren immer noch so schlank ist. Vielleicht liegt es daran, dass sie heimlich des Nachts, wenn kein Mensch durch den Park eilt, fleißig die Turnübungen nach Turnvater - Jahn macht. So zeigt sie uns: regelmäßiges Turnen und Bewegung hält jung, schlank und mobil!

Wir wandern nach rechts im Bogen direkt am Wasser entlang und kommen zu einer Brücke, die über den Stadtgraben zurück ins „Hornwerk“ führt. Diese kleine Brücke wurde im 2. Weltkrieg errichtet, über sie konnten die Bewohner im Bereich der Filder Straße bei Bombenangriffen schnell die Bunker in der Innenstadt erreichen.

Hanns-Albeck- und
Friedrich-Adolph-Wilhelm-Diesterweg-Gedächtnisstätte

Die Brücke wird jedoch nicht überquert, sondern wir schreiten weiter geradeaus, biegen dann den zweiten Weg links ab und erreichen ein Rondell, die Hanns-Albeck-Gedächnisstätte im Schlosspark. Ein Gedenkstein am M. F. Weyhe Hauptweg erinnert an den Stifter Hanns Albeck. Zusätzlich gibt es auch noch den Hanns-Albeck-Platz, er befindet sich an der Uerdinger Straße/ Einfahrt Südring.

Hanns Albeck stammte aus einer alteingesessenen Moerser Kaufmannsfamilie, die mit Betten, Bett- und Tischwäsche sowie Gardinen handelte. Nach seinem Tode am 02. August 2000 wurde die gleichnamige gemeinnützige Stiftung gegründet, in die er den Großteil seines Vermögens als Nachlass eingebracht hat. Zweck der Stiftung ist der Erhalt und die Pflege des Stadtparks und der Wallanlage. Mit Stiftungsmitteln wurden u. a. die Wiederherstellung und Erstellung der Ravelins in der Nepix Kull, der Musenhof und das Rosarium unterstützt. Ein Gedenkstein erinnert an ihn  (siehe Stiftergarten Seite 57).

Des bedeutenden Pädagogen und ab 1823 ersten Direktors des Lehrerseminars in Moers, Friedrich Adolph Wilhelm Diesterweg (29. 10. 1790 - 07. 07. 1866), wird mit einer Bronzebüste aus dem Jahr 1882 ebenfalls an diesem Platz gedacht. Diesterweg vertrat die Ansicht, dass Unterrichtung in der Volksschule nicht nur allein von Geistlichen (kostenlos) oder angelernten Kräften (geringes Entgeld) erfolgen konnte. Er forderte eine verbesserte pädagogische Bildung der Volksschullehrer. Daher kämpfte er ab 1820 für die Gründung eines Lehrerseminars in Moers, das er dann 1823 in der Haagstraße 26, dem Scheidtmannschen Haus, eröffnen konnte. Der Grafschafter Museums- und Geschichtsverein ließ die Büste 1996 als Neuguss von dem Solinger Kunstgießer Serban Rusu herstellen und auf einen Sockel montieren. Die Original-Büste von Diesterweg befindet sich jetzt im Grafschafter Museum.

Franz-Ludwig-Zahn-Gedenktafel

Wir queren den M.-F. Weyhe-Weg in Höhe des Albeck-Steines und benutzen den ersten Weg links und sofort wieder rechts mit Ziel zum F.-Wintgens- Hauptweg. Rechts am Wegesrand steht die Gedenktafel für Franz Ludwig Zahn mit einem Lindenbaum. 1832 bis 1857 war Dr. Franz Ludwig Zahn langjähriger Leiter des Moerser Lehrerseminars und Gründer des Martinstifts (heute ist dort die Moerser Musikschule untergebracht).

Von hier sehen wir den Baum Nr. 17, das Naturdenkmal Sumpfzypresse. Zu diesem Baum schreibt der Heimatforscher Hugo Otto 1933 in seinem Heimatführer Moers - Die alte Grafenstadt: Unsere hohe Sumpfzypresse ist im Jahre 1836 gepflanzt worden. Damals war der Standort insofern passender, als der Baum unmittelbar am Ufer eines Teiches stand, der später eingeebnet worden ist. Die noch vorhandene Vertiefung des Geländes erinnert an diesen Teich“.

Wilhelm-Greef-Brunnen

Unser Gang führt uns geradeaus bis zur Bank, dann links weiter Richtung Wasser zum „Wilhelm-Greef-Brunnen“. Rechts am Wege stehen das Naturdenkmal Nr. 43 Blutbuche (siehe Seite 61) und Nr. 65 Naturdenkmal Mammutbaum, (siehe Seite 62). Am 18. Oktober 1809 wurde Wilhelm Greef in Kettwig geboren. Er kam als Zwanzigjähriger nach Moers und wurde am Moerser Lehrerseminar ausgebildet, war später Lehrer an der evangelischen Moerser Stadtschule und Gesangslehrer am Gymnasium Adolfinum. Gleichzeitig war er als Organist in der evangelischen Stadtkirche tätig. 1851 gründete Wilhelm Greef mit 25 Gleichgesinnten den Moerser Gesangverein. Viele seiner Lieder sind als „Liederkränze“ seinerzeit in sehr hohen Auflagen erschienen und bis heute überliefert.

1854 ließ Greef dem Prinzen und späteren Kaiser Wilhelm I. zum Tag seiner Silberhochzeit sein bekanntes Kriegslied singen mit den Verszeilen: „Lieb Vaterland magst ruhig sein, lieb Vaterland magst ruhig sein: Fest steht und treu die Wacht, die Wacht am Rhein!“. Bis zu seinem Tode am 12. September 1875, blieb Greef Lehrer, Komponist, Liedersammler und Organist der Evangelischen Kirchengemeinde in Moers. Er wurde auf dem Friedhof an der Rheinberger Straße beigesetzt. Seinen Grabstein kann man heute noch dort finden. Am Stadtgraben steht das Naturdenkmal Nr. 17, eine weitere Sumpfzypresse. (siehe Seite 60)

Am 18. Oktober 1909 wurde der sich immer noch am gleichen Platz befindende „Greef-Brunnen“ im Schlosspark eingeweiht. Der Brunnen ist versehen mit der Inschrift: „Dem Förderer deutschen Männergesangs, dem Pfleger des deutschen Volksliedes, seinem Gründer und langjährigen Dirigenten zum 100. Geburtstag. 18. Oktober 1909. Der Moerser Männergesangverein und seine Gönner“. Der Greef-Brunnen wurde von Heinrich Baucke gestaltet. Nach den Denkmälern Friedrich I. am Neumarkt und Luise Henriette vor dem Schloss war der Greef-Brunnen die dritte Arbeit des Künstlers Baucke in Moers.

Das Denkmal „Hektors Abschied von Andromache“

Wir halten uns sofort rechts und finden das Naturdenkmal Nr. 51 Rot-Eiche. (siehe Seite 61) und gehen dann den ersten Weg links zum Stadtgraben auf den Peter-H.-Nichertz-Hauptweg der uns rechts herum nach einigen Schritten am Wasser entlang rechts zum Denkmal „Hektors Abschied von Andromache“ führt. Die Figurengruppe wurde 1858 von Carl Cauer dem Älteren entworfen und 1882 als Denkmal erschaffen, vom Moerser Landrat van Endert erworben und am 01. Mai 1933 feierlich im Schlosspark aufgestellt. In der Stadt Troja verabschiedet sich Hektor vor seinem Kriegseinsatz (Trojanischer Krieg 1193 - 1184 v. Chr.) von seiner Gattin Andromache und seinem Sohn Astyanax, vielleicht schon in dem Wissen, dass er beide nie mehr wiedersehen wird. Das Material der Figurengruppe ist feinporiger weißer Marmor (Carrara). Die Skulptur ist etwa 220 cm hoch mit Plinthe (Sockel für das Standbild) und wiegt etwa 1,5 Tonnen. Das Original stand von 1933 bis 1994 im Park, heute sieht man eine Nachbildung. Wegen starker Schäden durch den „saueren Regen“ und der allgemeinenLuftverschmutzung wurde 1993/94 eine Gusskopie für den Park hergestellt. Die Originalskulptur hat im neuen Foyer des Kammermusiksaales der Moerser Musikschule im Martinstift am 24. 04. 2010 einen neuen, würdigen Standort gefunden.

Die Lügenbrücke am Möschenberg

Beim Blick in den Stadtgraben sehen wir zwei originale Ravelininseln  aus der Zeit um 1620, die heute als Vogelbrutstätten dienen.

Am Stadtgraben entlang führt uns der Weg über eine Holzbrücke mit kleinem Teich zum Möschenberg. Diese Brücke wird „Lügenbrücke“ genannt. Ertappte Liebespaare sollen der Überlieferung nach auf ihrer Flucht vom Möschenberg über diese Brücke den Mitmenschen ihre Beziehung verheimlicht und somit gelogen haben.

Die kleine Anhöhe rechts ist der bereits erwähnte Möschenberg. Die noch vorhandene Mauer zeigt Spuren der einstigen kleinen Nepp-Ruine als Bestandteil des englischen Landschaftsgartens. Die Mauerreste, bis vor einigen Jahren noch fast ganz rundum erhalten, sind nur als Blickfang und Anlaufstelle beim Lustwandeln im Park gedacht. In ihrem Inneren standen früher Bänke, auf denen man ausruhen oder sich heimlich als Liebespaar treffen konnte. Der Name „Möschenberg“ leitete sich von dem niederrheinischen Wort „Möschen“ für Spatzen ab, die in den Bäumen des 1,84 m hohen „Berges“ nisten. Richtung Stadtmitte zur evangelischen Kirche steht am Eingang des ehemaligen, heute leeren, Rathauses eine von drei gleichen Tafeln zur Geschichte des Parkes.

Der Maximilian-Friedrich-Weyhe-Gedenkstein

Wir umrunden den „Möschenberg“ im Uhrzeigersinn und wandeln weiter in Richtung Schloss. Dann biegen wir den zweiten Weg beim Baum Nr. 54 rechts ein. Wir sehen links in Richtung Stadt eine Morgenländische Platane und rechts davon erkennen wir das Naturdenkmal Nr. 01 Ginkgo, Fächertanne oder Silberaprikose. (siehe Seite 58)

Beim zweiten Querweg halten wir uns beim Baum Nr. 43 rechts, um sofort links in Richtung Parkcafé zu wandern. Nach wenigen Metern finden wir rechts in der Eibendickung den Maximilian-Friedrich-Weyhe-Gedenkstein. Der Stein steht entgegen der Blickrichtung und wird von Eibenästen verdeckt. Er wurde aus Anlass seines 200. Geburtstages am 25. 10. 1975 mit seinem Bildnis als Bronzeplakette im Schlosspark aufgestellt. Leider wurde die Bronzetafel an dem Gedenkstein im Jahre 2008 gestohlen.

Frau Dipl.-Ing. Rose Woerner schreibt im Arbeitsheft der Rheinischen Denkmalpflege: „Die Autorenschaft des bekannten Preußischen Königlichen Gartendirektors Weyhe für den Park ist leider nicht durch Pläne belegt. Aber das Erscheinungsbild des Englischen Landschafsparks deutet auf Weyhe, ebenso die mündliche Überlieferung, besonders das Zeugnis von Peter Hermann Nickertz, der in Zeitungsinterviews berichtete, dass er selbst unter Weyhe als junger Gärtner bei der Anlage des Parks beteiligt war.“

Der Heimatforscher Otto Ottsen schreibt 1936 in „Land und Leute der Grafschaft Mörs“, Beilagen zum Grafschafter: „Im Jahre 1914 hat mir noch der alte, damals schon (fast) 100jährige Gärtner Peter Hermann Nickertz davon erzählt, wie er im Jahre 1836 als junger Mann im Dienste des genannten Gartenkünstlers (M. F. Weyhe) in Moers an der Anlage des Teils vom Schlosspark mitgearbeitet hat, den man vom Justizgebäude aus betritt.“  Weyhe hat u. a. den Düsseldorfer Hofgarten, den Greiffenhorstpark bei Krefeld-Linn und die herrliche Umgebung von Schloss Benrath geschaffen und angelegt. Man schreibt ihm im Rheinland, in Westfalen, Hessen, Bayern und Belgien insgesamt 84 Anlagen zu.

Als Gäste des Grafschafter Museums- und Geschichtsvereins (GMGV) referierten die Meerbuscher Experten Frau Dr. Rosemarie Vogelsang, ehrenamtliche Beauftragte für Denkmalpflege, und Dipl.-Ing. Reinhard Lutum, Denkmalpfleger, über die Familie der Gartenbaumeister Weyhe. Auf der Grundlage von Quellenforschung schlossen sich die Vortragenden dem Urteil an, dass ein Wirken von F. M. Weyhe in Moers nicht gesichert ist und eher nur vermutet werden kann. Sie rieten dem GMGV, ein Forschungsprojekt zu ihrem Park und Weyhe senior aufzulegen.

Frau Vogelsang trug dann ein für Moers erfreuliches Forschungsergebnis vor. Heute kann man kaum nachvollziehen, welche Bedeutung das Obst in der damaligen Ernährung hatte. Es gab nur bodenständige Früchte. Maximilian Friedrich Weyhe regte 1805 in einem Schreiben an die Kurfürstliche Schulkomission an, die Obstbauzucht bei Schulen einzuführen. Im Zuge der preußischen Reformbewegungen um 1820 wurde die Gründung von Lehrerseminaren angestrebt. Adolf Diesterweg kam 1820-1832 nach Moers und übernahm am Lehrerseminar im Sinne des Pädagogen Pestalozzi die Ausbildung von „Hand, Herz und Verstand“.

Zum lebensnahen und praktischen Unterricht gehörte u. a. die Obstbaumzucht im Lehrerseminar Moers. Mit Sicherheit kann man Weyhes Wirken in Moers mit der Anlage einer Obstbaumschule in Verbindung bringen. Überliefert sind drei Pläne zur Obstbaumschule in Moers von M. F. Weyhe aus der Zeit um 1828. Unklar bleibt bis heute der Standort. 

Pilgerstele

Am Parkcafé führt uns der Weg links zurück in Richtung Ausgangspunkt. Wir pilgern links am Pulverhäuschen vorbei und sehen vor uns eine große Kastanie. Links von dieser finden wir eine Pilgerstele der Deutschen Jakobsgesellschaft. Als Jakobsweg wird der Pilgerweg zum Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela in Spanien bezeichnet. Die Route mit seinen Abzweigungen ist bereits in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts entstanden. Im Rheinland gibt es fünf Pilgerwege. Der vierte Weg führt durch Moers, vom Baerler Busch über Utfort, der Innenstadt mit Schlosspark, Vinn und Schwafheim weiter über die Stadtgrenze nach Rumeln-Kaldenhausen. Die Stele wurde im März 2009 aufgestellt und eingesegnet. Schon 1460/61 verbot der Graf Vinzenz von Moers die „aufwendigen“ Gastmahle, die unter freiem Himmel abgehalten wurden, bevor die Jakobspilger zu ihrer Wanderung aufbrachen.

Wir stehen wieder am Ausgangspunkt unserer Tour vor dem Schloss. Mit seinem vierstöckigen Torturm aus dem 14. und 15. Jahrhundert beherrscht das Schloss als das gemeinsame Wahrzeichen aller Stadtteile noch heute die Stadt und erinnert an die alte Moerser Geschichte. Sollten Sie noch Zeit haben, dann nutzen Sie diese zu einem Besuch im Schloss.

Geschichtliches Bewusstsein zu bewahren, zu schützen, zu überliefern und damit zur Erforschung, Dokumentation und Darstellung der Kultur der Grafschaft Moers und des Niederrheins beizutragen, braucht offene Menschen, die bereit sind, durch Mitgliedschaft in einem Verein diese Ziele zu unterstützen und im öffentlichen Leben dafür einzutreten. Gehören Sie dazu, werden Sie Mitglied im Grafschafter Museums- und Geschichtsverein.

 

 

 

 

 

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