Zur Geschichte des Steinkohlenbergbaus am linken Niederrhein
Alexander Eichholtz
Die Vorgeschichte
Der Steinkohlenbergbau auf der linken Seite des Niederrheins, Bergrevier Crefeld; beginnt mit der Erbohrung der Steinkohlenflöze zu Anfang der 1850er Jahre. Um diese Zeit hatte sich auf dem rechten Rheinufer das Gebiet, in dem das Vorkommen von Steinkohle unter jüngerem Gebirge nachgewiesen war, erheblich erweitert und dem Rhein unmittelbar genähert. Es lag daher nahe, die südwestliche Fortsetzung des rheinisch-westfälischem Carbons auch auf der linken Rheinseite unter dem Deckgebirge zu suchen.
Der erste Schürfer war hier der Geheime Kommerzienrat FRANZ HANIEL zu Ruhrort. Auf Grund des damaligen, hier noch geltenden französischen Berggesetzes von 1810 beantragte er unter dem 05. Juli 1851 bei dem zuständigen Bergamt zu Düren die Konzession auf Steinkohle und Eisenstein innerhalb eines großen in den Kreisen Geldern, Crefeld und Kempen gelegenen Grubenfeldes unter dem Namen Rheinpreußen. Am 14. November 1851 reichte er den Situationsplan ein, mit dem er ein Feld von 15.577,1613 ha begehrte. Etwaige Bedenken der Bergbehörde gegen die Größe des Feldes hatte er schon in seinem Konzessionsantrage zu begegnen versucht, indem er darauf hinwies, daß, wie die Zersplitterung des Bergwerksbesitzes auf der rechten Rheinseite zeige, ein lohnender Bergbau links des Rheines nur zu erwarten sei, wenn er sich von vornherein auf ein großes Grubenfeld stützen könne. Mit der erforderlichen Bohrung war am 21. Juli 1851 auf seinem Gute bei Homberg begonnen worden, aber erst am 15. Mai 1854 wurde man mit dem sechsten Bohrloch bei 174,58 m Teufe fündig. Am 16. und 17. Mai erfolgte die Fundesbesichtigung durch den Berggeschworenen BUSSE aus Kohlscheid. Es wurde ein Flöz von insgesamt 39 Zoll reiner Kohle nachgewiesen, das die „unverkennbaren Zeichen einer guten Fettkohle“ zeigte. Am 12. August 1854 wurde ein neuer Situationsplan eingereicht und ein Feld von 16.748 ha (etwa 76 Maximalfelder nach heutigem Recht) begehrt.
Gegen die Erteilung einer so umfangreichen Konzession wurde von verschiedenen Gemeinden Einspruch erhoben, ebenso von einigen Konkurrenten, die dem Beispiel HANIEL’s folgend ebenfalls auf der linken Rheinseite, namentlich bei Mörs, Bohrungen angesetzt und Konzessionsgesuche eingereicht hatten. Obschon die Priorität des HANIEL’schen Gesuches außer Zweifel stand, so mußte doch seitens der Bergbehörde ein billiger Ausgleich zwischen den Wettbewerbern gefunden werden, der durch die Fündigkeit der Bohrgesellschaft Verein inmitten des beantragten Feldes Rheinpreußen erschwert wurde. Schließlich wurde nach dem Vorschlage des königlichen Oberbergamtes zu Bonn am 17. Februar 1857 die Konzessionsurkunde für Rheinpreußen vom Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten ausgefertigt. Die Größe der Konzession betrug anfänglich 20.654.150 Quadratlachter, wurde später aber noch auf 93. 454.152 qm berichtigt.
Außer Rheinpreußen sind auf der linken Niederrheinseite auf Grund des französischen Berggesetzes noch die Steinkohlenfelder Diergardt, Verein und Humboldt konzessioniert worden.
In den Jahren 1872 und 1874 wurden die Bohrarbeiten am Niederrhein wieder aufgenommen, wozu die günstige Konjunktur jener Periode ermunterte. Es entstanden nicht weniger als 14 Bohrgesellschaften, die es sich zur Aufgabe machten, die Verbreitung der Kohlenablagerungen nördlich, westlich und südlich des Konzessionierten Grubenfelderkomplexes zu verfolgen. Zur Verleihung gelangten indessen nur die beiden Felder Heinrich bei Vluyn und Tellus I bei der Rumeler Mühle unweit Trompet mit zusammen 4.378.000 qm Größe. Die Bohrtätigkeit .... wurde aber seit 1897 und 1898 von dem Kommerzienrat A.STEIN in Düsseldorf und der Deutschen Solvay Bergwerksaktiengesellschaft zu Bernburg in den Kreisen Mörs und Geldern wieder aufgenommen und nicht auf Steinkohle beschränkt, sondern auch auf Steinsalz ausgedehnt. Seit 1902 nahmen auch die Gewerkschaft Niederrhein zu Düsseldorf und die Internationale Bohrgesellschaft zu Erkelenz hier die Bohrtätigkeit auf. Mit zahlreichen Bohrlöchern ist man seitdem auf Steinkohle und Steinsalz gestoßen. Besonders in den Jahren 1902 bis 1907 war die Schürftätigkeit unter dem Druck des „lex Gamp“ (danach wurden die Bodenschätze unter Staatsvorbehalt gestellt) eine äußerst lebhafte. Der auf Grund des französischen bzw. preußischen Berggesetzes bis dahin auf der linken Niederrheinseite erschlossene Felderkomplex ist infolgedessen um nicht weniger als rund 550 Millionen qm oder 251 Maximalfelder vergrößert worden.
Trotz der großen Anzahl der im Bergrevier Crefeld verliehenen Felder stand (1910) nur einzige Grube, das Steinkohlenbergwerk Rheinpreußen in Förderung. Vom Geheimrat HANIEL abgesehen hatten alle Bergwerksbesitzer eine abwartende Stellung eingenommen...... Daß man mit der Eröffnung neuer Betriebe so zurückhaltend gewesen ist, hat seinen Grund wesentlich darin gehabt, daß Rheinpreußen beim Abteufen im Deckgebirge schon im Anfang auf damals beispiellose Schwierigkeiten gestoßen war. Vertrauensvoll hatte man im Mai 1857 das Niederbringen des Schachtes I bei Homberg begonnen, den sicheren Anschluß an das Steinkohlengebirge aber erst im November 1877, also nach 20jähriger Arbeit unter außerordentlichen Anforderungen an die Arbeitskraft der ausführenden Beamten und an die Opferwilligkeit der Besitzer erreicht. Trotz aller Enttäuschungen, die Schacht I brachte, hatte man übrigens den Schacht II schon 1866 in Angriff genommen und, glücklicher als bei Schacht I, unter Ausnutzung der bei diesem gemachten Erfahrungen, schon 1975, also noch vor Schacht I bis in das Steinkohlengebirge gesenkt.
Unglücklicherweise fiel die Fertigstellung der Schächte I und II in die Zeit größter wirtschaftlicher Depression. Die Aus- und Vorrichtungsarbeiten mit besonderem Nachdruck zu betreiben lag deshalb keine Veranlassung vor. Immerhin stieg die Förderung schon 1881 auf 200.000 t, 1889 auf fast 300.000 t. Durch diese Erfolge ermutigt und im Vertrauen auf eine Besserung der Konjunktur schritt man im Dezember 1891 zur Anlage eines dritten Schachtes, 1100 m westlich von der Schachtanlage I/II. Es hatte sich außerdem gezeigt, daß die beiden alten Schächte mit ihren engsten Stellen von 2,68 bzw. 4,20 m Durchmesser auf die Dauer für die Förderung und Bewetterung nicht genügen würden. Das Abteufen im Deckgebirge hat bei diesem neuen Schacht nur 3 Jahre in Anspruch genommen, und der Anschluß an das Steinkohlengebirge wurde mit 4,5 m Schachtdurchmesser gewonnen. Da gleichzeitig mit dem Abteufen die Hauptquerschläge zu Felde getrieben wurden, gelang es, die Förderung aus Schacht III sehr bald aufzunehmen und durch die sofortige Einführung des Strebbaues so zu steigern, daß die Gesamtförderung Rheinpreußen 1898 400.000 t, um die Jahrhundertwende 700.000 t überschritt.
Durch Schacht III wurde also die Produktion binnen weniger Jahre auf das Doppelte gesteigert; eine lohnende Entwicklung von Rheinpreußen war aber durch diese drei Schächte noch immer nicht gewährleistet. Die Grubenbaue verzweigten sich allmählich immer mehr und mehr, und ihr ausgedehntes Netz forderte gebieterisch die Anlage eines weiteren Schachtes zur Besserung der Wetterverhältnisse. Kurz entschlossen entschied man sich aber für die sofortige Inangriffnahme zweier neuer Schächte, um das Gesamtwerk auf eine möglichst hohe Stufe der Entwicklung zu bringen und dadurch seine Rentabilität unbedingt zu sichern.
Die weitere Entwicklung
Das Abteufen des Schachtes Rheinpreußen IV.
Da eine größere Entwicklung von Rheinpreußen mit den vorhandenen Schächten I / II und III in Homberg nicht möglich erschien und die allmählich recht weit verzweigten Grubenbaue die Anlage eines neuen Schachtes zur Herbeiführung einer kräftigeren Ventilation erforderlich machte, entschied der Grubenvorstand nach eingehender Erwägung der wirtschaftlichen und bergtechnischen Verhältnisse den Bau von zwei weiteren Schächten, von denen der eine hauptsächlich als Wetterschacht dienen sollte, und die dazu notwendigen Mittel zu bewilligen.
Die guten Erfolge, die der Direktor Pattberg mit dem Abteufen des Schachtes III erzielt hatte, gaben Anregung zur Anwendung eines neuen ihm patentierten Verfahrens zum Niederbringen von Schächten im Gebirge mit Schwimmsand. Während man bislang zum Abbohren der Schächte in weichen Gebirgsschichten den Sackbohrer benutzte, hatte Direktor Pattberg einen stoßend wirkenden Bohrer konstruiert, der den gesamten Schachtdurchmesser bearbeitet. Ihm wird durch ein hohles Bohrgestänge Druckwasser zugeführt, das an der Bohrschneide ausströmt und den Bohrschlamm der Schachtmitte zuführt, wo zwei Druckluftpumpen den Schlamm ansaugen und zutage fördern. Ein sinnreich konstruierter Gestängekopf ermöglicht trotz der Gestängebewegung sowohl die Zuführung von Druckwasser und Druckluft als auch den ungehinderten Ablauf der Bohrtrübe. Zur Bewegung des Bohrers wird eine schwingende Trommel benutzt, welche mit dem Bohrgestänge durch ein Drahtseil in Verbindung steht. Das Nachlassen des Gestänges während des Bohrens erfolgt durch ein mit der schwingenden Seiltrommel fest in Verbindung stehendem Zahnradgetriebe.
Aus den Erfahrungen mit dem Abteufen des Schachtes III wurde außerdem unter dem Namen „Compoundschacht“ eine wesentliche Verstärkung des bisher recht einfachen Tübbingschachtes eingeführt. Dabei werden in gewissen Abständen Versteifungsringe eingebaut, die um das Dreifache der Tübbingbreit in das Schachtinnere vorspringen und zwischen denen der gesamte Senkschacht mit Mauerwerk ausgekleidet wird.Diese Neuerungen wurden beim Abteufen des Schachtes IV in Moers - Hochstrass und des gleichzeitig in Moers - Utfort begonnen Schachtes V angewendet.
Der erste Spatenstich für den Schacht IV erfolgte am 15. September 1900. Bis Anfang Dezember wurde die Senkmauer auf 16,7 m Teufe niedergebracht. Die zu durchteufenden Sande und Kiese wurden mit einem Becherwerk gewonnen. Nachdem die Schachtsohle 3 m hoch mit Beton aufgefüllt und dieser gehörig erhärtet war, wurde der Senkschuh des Compoundschachtes mit 6,5 m innerem Durchmesser zusammengestellt und auf diesen der eigentliche Compoundschacht aufgebaut, was am 23. Mai 1901 beendet war. Nach dem Abbinden des Mauerwerks wurde am 28. Juli mit dem Abbohren begonnen und bis zum 5. Oktober eine Teufe von 60,5 m errecht. Nachdem es trotz aller Bemühungen nicht gelang, den Compoundschacht weiter abzupressen, entschloß man sich zum Einsetzen eines neuen Senkschachtes. Auf einer 30 m hohen Sandschicht, mit der die Schachtsohle aufgefüllt war, wurde der neue Senkschacht aufgebaut, der, um nicht zu viel Durchmesser einzubüßen, aus Tübbings zusammengesetzt wurde mit einem Innendurchmesser von 5,9 m. Der Sand wurde durch einen Greifbagger wieder zutage geholt und am 17. März 1902 erneut mit dem Abbohren begonnen. Die nunmehr sonst regelmäßig verlaufenden Abteufarbeiten wurden durch einen Bruch des Bohrers „in unliebsamer Weise“ unterbrochen; die Arbeiten zum Fangen des abgebrochenen Bohrerunterteils beanspruchten ungefähr 4 Monate. Nach Beendigung der Hindernisse wurde weiter gebohrt. Als man bei 93 m Teufe feste, tonige Schiefer erreichte, glaubte man nunmehr von Hand auf der Sohle abteufen zu können. Aber schon bei 96 m Teufe wurden wieder weiche Schichten angetroffen, welche die Wiederaufnahme der Bohrarbeiten erforderlich machten. Ein weiteres Absenken des zweiten Senkschachtes aber war nicht möglich. Man baute deshalb einen dritten Senkschacht mit einem Innendurchmesser von 5,3 m ein. Mit diesem konnte dann ohne weitere Störungen im Dezember das Steinkohlengebirge in 131,8 m Teufe erreicht werden. Von hier ab wurde in der üblichen Weise von Hand weiter abgeteuft, der Schacht noch bis 139 m Teufe mit Tübbingen ausgekleidet und im weiteren dann bis 30 m unterhalb der 300 m Sohle in Mauerung gesetzt. Als sehr hilfreich hatte sich erwiesen, daß der Schacht auf der 300 m-Sohle von Schacht III her unterfahren und nach dem Erreichen des Steinkohlengebirges im Schacht ein 500 mm Bohrloch zur Wasserlösung niedergebracht war.
Im Jahre 1921 wurde der Schacht im Niveau Flöz Präsident unterfahren und von hier aus bis zur 450 m - Sohle abgeteuft. 1923 ist der Schacht von Flöz Präsident hochgebrochen und von der 300 zur 450 m - Sohle durchschlägig gemacht worden. Für die Gewinnung der im Ostfeld oberhalb der 450 m - Sohle anstehenden Kohlen lohnte aber eine Tieferlegung der Förderung nicht. Die hier gewonnenen Kohlen wurden über einen beide Sohlen verbindenden Sohlenblindschacht auf die 300 m - Sohle gehoben und mit der Gesamtförderung zu Tage gefördert.
Anfang der 50 er Jahre, nach weitgehendem Abbau der Kohlenvorräte oberhalb der 300 m - Sohle im Westfeld und im Ostfeld oberhalb der 450 m - Sohle, schien erforderlich, das Ostfeld mit einer neuen 600 m - Sohle aufzuschließen, um das Ostfeld Ende der 50er Jahre mit rd. 50% an der Förderung zu beteiligen. Das Weiterteufen zur geplanten 600 m - Sohle begann im November 1950. Die Abteufarbeiten wurden am 08.10.1951 bei einer Teufe von 563,7 m durch einen Wassereinbruch stark behindert, der bis zu 3 000l/min brachte. Innerhalb weniger Stunden stand das Wasser 70 m über der Schachtsohle. Zwei Monate dauerte es, bis durch den Einbau zusätzlicher Pumpen das Wasser bewältigt werden konnte. Mitte 1952 wurde das Niveau der 600 m - Sohle erreicht und das Füllort ausgesetzt. Mit der Auffahrung des Füllortes ist Anfang 1953 nach Fertigstellung des Füllortkellers und des Schachtsumpfes begonnen worden.
Die Tagesanlagen
Als die Tagesanlagen in den Jahren 1904/05 errichtet wurden, waren die heute üblichen technischen Zweckbauten noch nicht entwickelt. Einzige Ausnahme war das Fördergerüst. Die zur Aufnahme der Beanspruchungen des Förderbetriebes zuerst für erforderlich gehaltenen massiven Bauwerke, die sog. Malakowtürme, waren von stählernen Fördergerüsten abgelöst worden. Gegenüber den Anlage auf den Schächten I, II und III. zeigten die Tagesanlagen des Schachtes IV in den Augen der Erbauer wesentliche Abweichungen und Verbesserungen Voller Stolz wird in darüber in der Jubiläumsschrift 1907 darüber berichtet: Bei der Disponierung der Anlage sind die neuesten Errungenschaften auf dem Gebiete der Elektrizität, des Maschinenbaus, der Kohlenseparation und Wäsche sowie der Kokerei mit ihren Nebenbetrieben zur Verwendung gelangt und ist auch hinsichtlich der baulichen Anordnung auf helle, luftige Räume in allen Teilen der Anlage besonderen Wert gelegt worden. Burau- Kauen- und Magazingebäude Werkstätten, Schachtgebäude mit Separation, die beiden Fördermaschinengebäude, die Maschinenhalle, Wäsche, Kokerei mit Nebengewinnungsanlagen bilden die hauptsächlichsten Bauwerke und zeichnen sich durch eine einheitliche architektonische Gestaltung aus. Im Bureau-, Kauen- und Magazingebäude ist Sorge getragen, daß für die Abfertigung der Bergleute, das Umkleiden und Baden derselben, den Empfang von Materialien, Annahme und Abgabe der Grubenlampen sowie die Verbandstuben genügend große und zweckmäßig eingerichtete Räume zur Verfügung stehen. Mit dem Schachtgebäude sind diese Räume durch einen gedeckten Gang in Verbindung gebracht, so daß die Bergleute von der Kaue zur Hängebank und umgekehrt gelangen können, ohne mit der Außenluft in Berührung zu kommen. Die Werkstätten enthalten getrennte Abteilungen für Schmiede, Schlosserei, Schreinerei, elektrischen Betrieb und sind sämtlich mit den nötigen Arbeitsmaschinen versehen. Auf die Herstellung des Schachtgebäudes mußte besondere Sorgfalt gelegt werden. Der Schacht IV hatte außer der Funktion als Förderschacht auch die eines Wetterschachtes, d.h. die Abwetter wurden von zwei übertage aufgestellten Ventilatoren mit 7.500 bzw 1.0000 cbm/min (davon einer als Reservelüfter) angesaugt. Um dessenungeachtet die Förderung möglichst reibungslos durchführen zu können, lag die Hängebank im Depressionsgebiet und war gegen die Separation, in der die Förderwagen gestürzt wurde, durch Luftschleusen getrennt. Trotzdem sind die Hängebänke recht helle, große Räume geworden, die vollständig staubfrei sind, da die zutage kommenden Wagen außerhalb des Schachtgebäudes zur Entleerung gelangen. Die Separation ist mit den Hängebänken durch Kammerschleusen und Schleusenbremsen verbunden. Währen in den runden Schleusenbremsen der Korb selbst abdichtet, werden bei den Kammerschleusen die beiderseitigen Verschlußtüren automatisch auf elektrischem Wege geschlossen bzw. geöffnet; der hierbei unvermeidliche Verlust an Luft ist minimal; er beträgt ca. 2 %.
An die Separation, die mit maschinell bewegten Kreiselwippern und vier Stückkohlenverladebändern, welche gleichzeitig als Lesebänder dienen, ausgrüstet ist, schließt sich die aus Eisenfachwerk erbaute Wäsche, Konstruktion „Humboldt“ mit zwei Systemen je 75 t Leistung in einer Stunde an. Die aufgegebenen Kohlen werden zuerst gewaschen und dann klassiert. Die Feinkohlen gelangen durch breite Entwässerungstransportbänder mit einer Geschwindigkeit von 0,26 m/min zu dem Kokskohlenturm von 1.8oo t Fassungsraum, welcher sich in der Mitte der Koksofen - Batterien und in unmittelbarer Verbindung mit denselben befindet, so daß der Transport der Feinkohlen von dem Kohlenturm zu den Öfen auf dem kürzesten Wege erfolgt. An Koksöfen sind 120 Stück vorhanden, von denen 60 nach dem System Koppers, je 30 nach den Systemen Otto und Collins erbaut sind; sämtliche Öfen sind zur Gewinnung der Nebenprodukte eingerichtet. In Verbindung mit der Kokerei stehen die Anlagen zur Herstellung von Teer und schwefelsaurem Ammoniak. Die überschüssigen Gase werden zum Heizen von Dampfkesseln und zum Betrieb von drei Großgasmaschinen (doppelt wirkende Viertaktmaschinen) von je 1.500 PS verwandt.
Östlich und westlich von dem Schachtgebäude befinden sich die Fördermaschinengebäude; in dem westlich gelegenen ist eine 600pferdige Zwillingsmaschine mit zylindrischen Seilkörben von 7 m Durchmesser für Dampfantrieb, in dem östlichen Gebäude dagegen eine elektrisch angetriebene Maschine mit zylindrischen Seilkörben von 4,5 m Durchmesser untergebracht. In einem von der eigentlichen Fördermaschine abgesonderten Raume befinden sich die Schwungrad - Steuermaschinen in welchen der von der Zentrale kommende Drehstrom in Gleichstrom umgewandelt wird, sowie die zwei Umformer für die Erregung. Im Kellerraum unter der Fördermaschine ist zur Erzeugung der Druckluft für die Bremseinrichtungen ein Hilfskompressor aufgestellt, der durch einen Drehstrommotor angetrieben wird und in Tätigkeit tritt, wenn die allgemeine Druckluftanlage der Grube versagt.
Zur Aufnahme der Maschinen ist eine große Maschinenhalle von 1.275 qm Grundfläche errichtet worden, in welcher neben den drei Gasmaschinen noch ein Dampfdynamo von 1.250 PS eff. sowie zwei Drehstrom - Gleichstrom - Umformer zur Erzeugung von Gleichstrom für die Erregung der Drehstromgeneratoren und für die Beleuchtung der ganzen Schachtanlage außerdem noch ein Kompressor von 8.000 qm stündlicher Leistung untergebracht sind. Als Ersatz für die Drehstrom - Gleichstrom - Umformer ist eine durch Dampf angetrieben Gleichstrommaschine von 50 KW Leistung vorhanden, welche in Funktion tritt, wenn eine größere Betriebsstörung der Hauptanlage dieses erforderlich macht.
Das Kesselhaus enthält 14 Kessel mit insgesamt 1.860 qm Heizfläche, die zum Teil mit Gasfeuerung versehen sind.
Zu erwähnen sind noch die im Holmagazin befindliche Imprägnieranstalt, in der die in der Grube zur Verwendung gelangenden Hölzer unter Benutzung von Teeröl gegen Fäulnis widerstandsfähiger gemacht werden, der Hochbehälter für die Wasserversorgung der Anlage mit 150 qm Fassungsraum, welcher aus einer Filterbrunnenanlage gespeist wird, das Stallgebäude, die Markenkontrolle und endlich das dieser gegenüberliegende, in gleichen Dimensionen gehaltene Gebäude, in welchem die Tagesarbeiter ihre Mahlzeiten einnehmen. Die zuletzt genannten Gebäude flankieren den Eingang zum Zechenplatz.
Vom Holzmagazin, woselbst auch zwei Kreissägen zum Anschärfen der Stempel aufgestellt sind, führt eine schiefe Ebene zur oberen Hängebank des Schachtes, auf welcher vermittels einer zwischen den Schienen laufenden und mit Mitnehmern versehen Kette ohne Ende die mit Holz beladenen Wagen zum Schacht befördert werden. In dem mit 10 Gleisen ausgerüsteten Rangierbahnhof ist neben den Hauptverladegleisen ein in Höhe der Schienenoberkante maschinell sich bewegendes Rangierseil ohne Ende angebracht, an welches die zu transportierenden Wagen vermittels eines kurzen Seilstückes, das mit einem Haken und einer Seilklemme versehen ist, angekuppelt und so fortbewegt werden. Schacht IV ist sowohl mit den anderen Rheinpreussenanlagen als auch mit den Eisenbahnstationen Homberg und Mörs sowie mit dem Rheinhafen des Bergwerks durch eine eigene normalspurige Eisenbahn verbunden.
Literatur: Jubiläumsschrift 50 Jahre Rheinpreussen 1857 - 1907