Rückblick auf das Jubeljahr 2008 und Ausblick auf 2009

Diana Finkele

Du häs mit de Grafschaft durchgeschnöffelt

Gedragen häs´ De, wie en fliet´ge Bien

Wo irgend du en Altertümchen häs vermutet

Do worsch du on din man ganz flink dabei

Mit diesen Zeilen begann ein Gedicht, das Eva Berns am 29. Juni 1908 bei der Eröffnung des Grafschafter Museum Frau Boschheidgen, der Ehefrau des Museumsbegründers Amtsgerichtsrat Hermann Boschheidgen darbrachte.

Als vor 100 Jahren das Museum im Schloss eröffnet wurde, fand der damalige Bürgermeister Krämer in seiner „Weiherede“ nicht nur lobende Worte für den Vereins- und Museumsbegründer, sondern auch für die Stadt Moers, wie die Zeitung Der Grafschafter damals berichtete: „Aber auch der Stadt und ihrer Vertretung gebühre hohe Anerkennung, dass die Mittel bewilligt worden seien, Schloss und Park, die einen unschätzbaren Wert repräsentieren, in städtischen Besitz zu bekommen. …. Wenn nun, …, aus unwirtlichen Räumen ein würdiges Heim für das Museum geschaffen sei, so verdanke man dies wieder dem Antrage und der Anregung des Amtsrichters Dr. Boschheidgen sowie den Stadtverordneten, die bereitwillig die finanziellen Opfer gebracht hätten.“

Wir begingen den 100. Geburtstag unseres Museums mit zahlreichen Veranstaltungen wie Ausstellungen, Konzerte, Vorträgen, Vorführungen. Ermöglicht wurde uns dieses umfangreiche Programm u. a. durch die großzügige Unterstützung der Kulturstiftung der Sparkasse am Niederrhein.

Wir wollten mit unseren Angeboten im Jubiläumsjahr möglichst für alle Bevölkerungs- und Altersgruppen etwas anbieten. Dabei haben wir unser Programm im Jubeljahr stark auf das Moerser Publikum ausgerichtet. Alle sollten sehen: das ist unser Museum.

Begonnen haben wir das Jubiläumsprogramm bereits im Januar mit dem ersten Konzert einer Konzertreihe. Wir begannen mit improvisierter moderner Musik mit dem „Improviser in Residence 2008“ Angelika Niescier und wanderten dann musikalisch über Mittelalter, Barock und Klassik wieder in die Moderne und endeten wieder mit improvisierter Musik. Im Rahmen der Konzertreihe traten auch zahlreiche Schülerinnen und Schüler der Moerser Musikschule auf.

Jungen Nachwuchswissenschaftler boten wir mit unserer Vortragsreihe „Universität trifft Museum“ eine Plattform: Doktoranten der Universität Duisburg-Essen stellten ihre Forschungsergebnisse vor: Von religiösen Frauengemeinschaften am Niederrhein bis zur niederrheinischen Stadtgeschichte bot die Reihe einen Einblick über aktuelle regionalgeschichtliche Forschungen.

Neue Sympathieträger der Moerser Geschichte wollten wir mit dem Buch-, Ausstellungs- und Puppentheaterprojekt „Schlosspark-Hase Moritz von Oranien und seine Freunde“ schaffen. Stellvertretend erlebten der Hase Moritz, die Ente Miranda, Fritz von Schwan und die Schnecke Fréderic Escargot die Moerser (Schloss) Geschichte von der Befreiung von den Spaniern 1597 bis zur Eröffnung des Grafschafter Museums 1908. Wer genauer wissen wollte, was (historisch) hinter der Tiergeschichte steckte, konnte dies in der gleichnamigen Ausstellung aufdecken: Hinter der Kulisse mit den Tierbildern des Grafikers Jürgen Pankarz verbarg sich die wahre Geschichte mit entsprechenden Museumsobjekten. Vieles sollte man hier entdecken können. So zeigen einige Bilder in der Tiergeschichte auch die aktuellen Museumsräume, wie zum Beispiel das Biedermeierzimmer.

Während Buch und Ausstellung sich an Familien und Grundschulkinder richtete, zeigte die Puppenbühne Bauchkribbeln Episoden aus der Geschichte für Kindergartenkinder als Puppentheaterstück. Dank dem Grafschafter Lions Club Moers konnten zahlreiche Kindergärten das Stück sogar kostenlos besuchen.

Auf ein neues Terrain haben wir uns mit einer Open-air-Filmreihe neben dem Schloss gewagt. Der sonst unscheinbare Werkstatthof des Schlosstheaters verwandelte sich zu einem einmaligen Ambiente für unsere erste Freiluft-Filmreihe. Wir suchten Spielfilme mit zeitgeschichtlichen Hintergründen aus, zu denen wir eine Kurzeinführung anboten: Zum Beispiel zum Stummfilmklassiker „Modern Times“. Das Grafschafter Museum entstand vor 100 Jahren in einer Umbruchsituation - „moderne Zeiten“ brachen an. Industrialisierung und Verstädterung veränderten traditionelle Lebens- und Arbeitswelten. Um die Auswirkungen dieses Umbruchs ging es auch in dem ersten Film in unserer historischen Filmreihe: Moderne Zeiten von und mit Charles Chaplin aus dem Jahr 1936. Der Film Moderne Zeiten thematisiert den durch die Industrialisierung hervorgerufenen Identitätsverlust und die Fremdbestimmung durch Maschinen und Technik.

Auch der Grafschafter Museums- und Geschichtsverein hat großartiges zum Museumsjubiläum beigetragen und seinem Museum das größte ideelle Geburtstagsgeschenk gemacht: Viel „durchgeschnöffelt“, wie „fliet’ge Bien“ zahlreiche Fotos und Objekte zusammengetragen haben Mitglieder des Grafschafter Museums- und Geschichtsvereins für ihre Ausstellung Moers 1908 - 100 Jahre Grafschafter Museum, die am 6. April 2008 im Grafschafter Museum eröffnet wurde. 

Auf ein neues Terrain haben wir uns mit einer Open-air-Filmreihe neben dem Schloss gewagt. Der sonst unscheinbare Werkstatthof des Schlosstheaters verwandelte sich zu einem einmaligen Ambiente für unsere erste Freiluft-Filmreihe. Wir suchten Spielfilme mit zeitgeschichtlichen Hintergründen aus, zu denen wir eine Kurzeinführung anboten: Zum Beispiel zum Stummfilmklassiker „Modern Times“. Das Grafschafter Museum entstand vor 100 Jahren in einer Umbruchsituation - „moderne Zeiten“ brachen an. Industrialisierung und Verstädterung veränderten traditionelle Lebens- und Arbeitswelten. Um die Auswirkungen dieses Umbruchs ging es auch in dem ersten Film in unserer historischen Filmreihe: Moderne Zeiten von und mit Charles Chaplin aus dem Jahr 1936. Der Film Moderne Zeiten thematisiert den durch die Industrialisierung hervorgerufenen Identitätsverlust und die Fremdbestimmung durch Maschinen und Technik.

Auch der Grafschafter Museums- und Geschichtsverein hat großartiges zum Museumsjubiläum beigetragen und seinem Museum das größte ideelle Geburtstagsgeschenk gemacht: Viel „durchgeschnöffelt“, wie „fliet’ge Bien“ zahlreiche Fotos und Objekte zusammengetragen haben Mitglieder des Grafschafter Museums- und Geschichtsvereins für ihre Ausstellung Moers 1908 - 100 Jahre Grafschafter Museum, die am 6. April 2008 im Grafschafter Museum eröffnet wurde.

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe Ausstellungsvorbereitung Monika Jaklic, Christine Knupp-Uhlenhaut, Winfried Scholten und Otto von Schaper haben selbständig Konzeption, Inhalt und Gestaltung der Ausstellung erarbeitet. In Christine Knupp-Uhlenhaut, der langjährigen ehemaligen Museumsleiterin hat die Ausstellungsgruppe eine außerordentlich sachkundige Anleitung gefunden. Schließlich hat sie selbst rund 1/5 der gefeierten 100 Jahre dieses Museum geprägt: 22 Jahre war sie Museumsleiterin. So verwundert es nicht, dass in der Ausstellung die alte Museumszeit wieder so richtig lebendig wurde. Ausführlich berichtet ein anderer Beitrag in diesem Heft über dieses Ausstellungsprojekt.

Aber auch über weitere materielle Geschenke durfte sich das Museum 2008 freuen. Mit Hilfe zahlreicher „Stuhlpaten“ schenkte der Grafschafter Lions Club dem Museum eine neue Saalbestuhlung für 8.000 Euro.

Das größtes materielle Geburtstagsgeschenk erhielt das Grafschafter Museum schließlich von der Stadt Moers mit dem Schlossanbau: Das Dach ist gerichtet, die Rohbauarbeiten längst abgeschlossen. Auch hier haben Stadt und Land wieder „bereitwillig die finanziellen Opfer gebracht“ - fast wie vor 100 Jahren.

Aber auch außerhalb der Jubiläumsaktivitäten gab es im Museum 2008 einige Veränderungen:

Der Wechsel von zwei Mitarbeitern in andere städtische Fachbereiche hat uns die Möglichkeit gegeben, unsere Personalstruktur zu verändern: Statt zwei Handwerkern mit gleicher Qualifikation entschieden wir uns für die Wiederbesetzung einer Handwerkerstelle, der durch drei handwerkliche Aushilfskräfte Unterstützt werden soll (im Umfang von insgesamt einer halben Stelle). So können Lasten buchstäblich auf mehrere Schultern verteilt werden. Die verbleibenden Stellenanteile haben wir zu einer zunächst 50% Stelle einer Museumsfachkraft für Museumspädagogik und Magazinpflege umgewandelt. Wir hoffen, dass wir diese Stelle Anfang 2009 besetzen können.

Neue Magazinfläche konnten wir 2008 in Eick-Ost übernehmen und neuen Regalen ausstatten. Dafür konnte ein kleiner unter konservatorischen Gesichtspunkten kaum haltbaren Magazinraum unter der Schlossbrücke aufgelöst und die eingelagerten Objekte in das neue Magazin verbracht werden. Zwar konnte die EDV-Inventarisierung nach dem Ausscheiden der vom Grafschafter Museum- und Geschichtsverein finanzierten Inventarisierungskraft 2008 nicht wesentlich vorangebracht werden, aber durch das neue Magazin sind die Arbeitsbedingungen doch erleichtert.

Wie wünschen sich Schülerinnen und Schüler ihr Grafschafter Museum? Das möchten wir von deutschen und niederländischen Grund- und Oberstufenschülern wissen. Deshalb haben wir mit finanzieller Unterstützung der Bezirksregierung ein deutsch-niederländisches Schülerprojekt gestartet. Durch Exkursionen zu ausgewählten Museen in der deutsch-niederländischen Grenzregion sollen die Schülerinnen und Schüler zu jungen Museumsexperten werden: Sie analysieren Stärken und Schwächen der besuchten Museen und erhalten so - neben der Einführung in die Moerser Geschichte - das Rüstzeug, sich ihr Grafschafter Museum vorzustellen. Ziel ist es, mit den Schülerinnen und Schülern eine Art „Drehbuch“ für ihr Moerser Wunschmuseum zu entwickeln.

Begleitend hierzu erarbeiten wir in einem Seminar mit Prof. Gabi Herchert mit Studentinnen und Studenten der Universität Duisburg-Essen neue Ideen der Geschichtsvermittlung im Grafschafter Museum.

Auch organisatorisch hat sich einiges im Grafschafter Museum verändert: Seit 1. Juli 2007 ist das Grafschafter Museum ein Geschäftsbereich der eigenbetriebsähnlichen Einrichtung „Musik und Museum“ der Stadt Moers. Das brachte für uns mehr Eigenverantwortung, mehr Gestaltungsspielraum aber auch neue Aufgaben. Nachdem der Gesamteigenbetrieb das Rumpfwirtschaftsjahr 2007 mit über 50.000 Euro weniger städtischen Zuschuss abschließen konnte, als im Wirtschaftsplan vorgesehen, war 2008 war das erste komplette Geschäftsjahr des Eigenbetriebs. Zwar wird der Jahresabschluss 2008 erst im ersten Quartal 2009 vorliegen, aber ich wage schon jetzt die Prognose, dass wir wieder gut abschließen werden.

Zu Ende des Jahres 2008 legte die Forschungsgruppe Regional Governance der Fachhochschule Potsdam ihr Gutachten über das Grafschafter Museum vor. Ziel des Gutachtens sollte es sein, für das Grafschafter Museum eine Rechtsform mit einer langfristigen Perspektive zu finden. Die Empfehlung der Gutachter: die Gründung einer Stiftungs-GmbH, die längerfristig die Möglichkeit bieten soll, aus dem Grafschafter Museum eine Stiftung zu machen, die Museumsbetrieb, Gebäude und Sammlung umschließen soll. Ob es ein sinnvoller Vorschlag ist und ob er für das Grafschafter Museum wirklich in Frage kommt, darüber sollten wir gemeinsam diskutieren.

Das Jahr 2009 wird für uns in vieler Hinsicht spannend: Nachdem der im ursprünglichen Brandschutzkonzept von 2003 für den Schlossaltbau vorgesehene Einbau von Brandschutztüren (Stellen Sie beispielsweise nur eine Brandschutztür vor dem Biedermeierzimmer vor!) verhindert werden konnte, wird 2009 im Altbau eine Hochdrucknebelwasserlöschanlage eingebaut. Dieses System, das beispielsweise auch in der Anna Amalia Bibliothek in Weimar nach dem verheerenden Brand eingebaut wurde, bringt für das Museum mehrere Vorteile: Der unter Hochdruck erzeugte Wassernebel vermindert die Rauchausbreitung und gewährleistet so relative Rauchfreiheit der Fluchtwege und damit die Sicherheit der im Gebäude befindlichen Personen. Im Gegensatz zu Brandschutztüren, die Feuer und Rauch nur so lange aufhalten sollen, bis alle Personen das Gebäude im Brandfall verlassen haben, bekämpft die Hochdrucknebelwasserlöschanlage den Brandherd sofort mit geringer Wassermenge direkt und ausschließlich am Brandherd. Damit wird das Ausbreiten des Feuers verhindert und im Idealfall der Brand sofort gelöscht. Damit wären auch die Museumsobjekte vor weiterem Feuer und vor übermäßigem Löschwassereinsatz bewahrt. Wie u.a. die Erfahrungen beim Brand der Anna Amalia Bibliothek zeigte, richtete das Löschwasser aus den Feuerwehrschläuchen letztendlich den größten Schaden an.

Mit dem Einbau dieser Technik, die erst seit kurzem die Brandschutzzulassung hat, wäre das Grafschafter Museum ein Vorreiter im Brandschutz unter den Museen. Aber natürlich wird auch die Hochdrucknebelwasserlöschanlage im Schlossaltbau ihre sichtbaren Spuren hinterlassen. Dafür, dass die Leitungsrohre in sensiblen Bereichen unter Putz gelegt werden, dafür werden wir uns weiter einsetzen. Der Einbau der Anlage, der gleichzeitig mit anderen Sanierungsarbeiten durchgeführt werden soll, wird 2009 allerdings größere Einschränkungen für den Museumsbetrieb mit sich bringen.

Wir hoffen, dass 2009 endlich der Schlossanbau in Betrieb genommen werden kann. Allerdings ist dies erst möglich, wenn auch der Altbau Brandschutz saniert ist. Alt- und Neubau können nur gemeinsam in Betrieb gehen, da sie Brandschutztechnisch eine Einheit bilden. So hoffen wir für das Jahr 2009, dass alle Arbeiten an Alt- und Neubau zügig abgewickelt werden.

Vor 100 Jahren endete Bürgermeister Krämer seine eingangs zitierte Rede zur Museumseröffnung mit „nochmaligem Dank an den Verein für Heimatkunde und seinen Gründer. Er übergebe er nun das Museum mit dem Wunsche, dass es dauernd zum Segen gereichen möge dem Verein, der Stadt und der ganzen Grafschaft“. Der Redner - der Bürgermeister - knüpfte daran noch den Wunsch, „dass sich bald auch Mittel finden möchten, den übrigen Teil des Schlosses in einen würdigen Zustand zu versetzten“. - Manche Dinge erscheinen auch noch nach 100 Jahren hoch aktuell.

 

 

 

 

 

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