Amtsgerichtsrat, Heimatforscher und Seismograph
Vor 150 Jahren wurde der Gründer des Grafschafter Museums Hermann Boschheidgen geboren
Amtsgerichtrat, Heimatforscher, Autor zahlreicher Bücher zur Heimatgeschichte und Begründer des Grafschafter Museums – vor 150 Jahren kam ein Multitalent auf die Welt: Hermann Boschheidgen wurde am 26. Mai 1864 geboren. Seine Familie bewirtschaftete im ländlichen Umfeld von Moers einen Bauernhof. Als künftiger Erbe des Hofes studierte er zunächst Landwirtschaft, danach Jura. Neben seiner juristischen Karriere, die er als Amtsgerichtrat Dr. Hermann Boschheidgen am Moerser Amtsgericht beendete, war er interessiert an Archäologie, Geschichte, Volkskunde, Denkmalpflege und Geologie. Bildungsreisen führten ihn nach Griechenland, Frankreich, Italien und in die Niederlande.
Im 19. Jahrhundert wuchs die Sensibilität der Menschen für ihre Vergangenheit: die Geschichte der Moerser Grafen, das alte Karmeliterkloster oder die Relikte der oranischen Befestigungsanlagen waren beispielsweise Themen, denen man sich wieder zuwandte. Allen voran: Hermann Boschheidgen. Auch das Interesse am römischen Erbe erwachte wieder: 16. v. Chr. hatten die Römer im heutigen Asberg ein Militärlager errichtet, zu dem ein Lagerdorf, ein Hafen und Gräberfelder gehörten. Auch hier war Hermann Boschheidgen Pionier: 1898 führte er erste systematische Ausgrabungen auf dem „Burgfeld“ in Asberg durch. Als erster versuchte er, die Lage des Kastells und der dazugehörigen Siedlung zu bestimmen. Seine Grabungen erbrachten die ersten wissenschaftlichen Erfolge.
Große Veränderungen brachen mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts über Moers herein: Industrielle Produktion und moderne Kommunikationsmethoden wie Telefon und Telegraph begannen das Leben zu prägen. In der Region um Moers veränderte insbesondere der Bergbau Landschaften und Städte. Menschen aus anderen Regionen suchten Arbeit im Bergbau, die Bevölkerung wuchs, neue Siedlungsformen wie die Zechenkolonien entstanden. Eisenbahn, Straßenbahn, Fahrrad, Motorrad und Automobil ersetzten Kutschen und Pferdewagen.
Wie ein Seismograph nahm Hermann Boschheidgen diese Erschütterungen wahr und sah voraus, dass Zeugnisse der früheren Lebensform bald verschwinden werden. Er begann, Dinge des verschwindenden Alltags zu sammeln.
Von einer seiner Reisen nach Arles brachte Hermann Boschheidgen eine besondere Idee mit nach Moers: die Gründung eines Museums. So initiierte er 1904 die Gründung des Vereins für Heimatkunde (heute Grafschafter Museums- und Geschichtsverein) und präsentierte erste Museumsobjekte in der Sozietät. Ein Jahr später überzeugte er die Stadt Moers, das Moerser Schloss aus Privatbesitz zu erwerben. 1908 konnte im Erdgeschoss das Grafschafter Museum im Moerser Schloss eröffnet werden.
Funde aus den Asciburgium-Ausgrabungen Boschheidgens sowie zahlreiche volks- und heimatkundliche Sammlungsobjekte sind heute als Dauerleihgabe des Grafschafter Museums- und Geschichtsvereins Teil der Sammlung des Grafschafter Museums, dessen Träger seit Ende der 1970er Jahre die Stadt Moers ist.
Ab 15. Juni zeigt das Grafschafter Museum im Moerser Schloss in Zusammenarbeit mit dem Kultur- und Stadthistorischen Museum Duisburg die Sonderausstellung Asciburgium. Leben und Sterben in einer römischen Militärsiedlung. Erste Ausgrabungsfunde Hermann Boschheidgens werden hier ebenso zu sehen sein, wie spektakuläre Grabfunde aus der jüngeren Vergangenheit.